Forstpraktikum
in der Wald- Jugendherberge Windeck-Rosbach
oder
Warum ist der Wald voll mit Baumhäusern?
Raus aus der Schule, reinschnuppern
in die Arbeit einer Försterin!
90 Jugendliche mit ihren Lehrern absolvierten bei mir und meinem Kollegen
in den ersten beiden Märzwochen ihr Forstpraktikum.
Ich bin die Försterin (Diplom-Forstingenieurin) der Wald-Jugendherberge,
gelernte Forstwirtin und Jägerin. Dass diese drei Bezeichnungen
jedoch nicht dasselbe sind, haben die Jugendlichen sehr schnell begriffen.
Und überhaupt: theoretisch haben die Klassen 8 des Leibniz-Montessori-Gymnasiums
Düsseldorf sich schon viel mit dem Thema „Ökosystem Wald“
beschäftigt. Jetzt bot sich für die Jugendlichen aus der Stadt
die Möglichkeit, den Wald praktisch zu erfahren.
Auf einem ersten Waldrundgang wurde schnell klar: zwischen Theorie und
Praxis liegen Welten. Nach einem ersten Kennenlernen, den Waldgeboten
und der Frage: wem gehört überhaupt der Wald? ging es weiter
im Ökosystem Wald. Moose waren ein Thema im Unterricht, es stellt
sich schnell heraus, dass die Bestimmung im Gelände weitaus schwieriger
war.
Als Vorbereitung zu den Arbeitseinsätzen wurden einige Baumarten
näher unter die Lupe genommen. So war es schon sehr überraschend,
das die Weißbuche gleich vier Namen besitzt und die Tanne in den
Wäldern von NRW gar nicht zu finden ist. Dass die Fichte der häufigste
Nadelbaum bei uns ist und die Rotbuche sehr gutes Holz liefert, wurde
ebenfalls besprochen. Der Sturm „Kyrill“ hat auch bei uns im bergischen
Land einige Schäden angerichtet. Auswirkungen konnten wir uns an
einigen Beispielen ansehen.
Nach der Besichtigung eines Hochsitzes für Jäger sollte eigentlich
jedem klar geworden sein, wozu diese „Baumhäuser“ dienen.
Nach einem recht entspannten ersten Tag folgte der erste Arbeitseinsatz.
Die ersten beiden Klassen fuhren ausgerüstet mit Lunchpaketen in
die Nuttscheid, ein ehemaliges, sehr waldreiches Bundeswehrgelände.
Auf einer großen Fläche sind mehrere Fichten durch den Sturm
umgeworfen worden. Unter ihrem Reisig befanden sich bereits gepflanzte
Douglasien, eine Nadelbaumart aus Nordamerika.
Die Aufgabe der Jugendlichen bestand darin, diese Douglasien unter dem
Reisig zu finden und vom Reisig zu befreien. Dabei sollten die Pflanzreihen
eingehalten werden. Ohne diese Maßnahme hätten die Douglasien
keine Überlebenschancen besessen. Motiviert machten die Jugendlichen
sich an die Arbeit. Auf der einen Teilfläche ließen sich
die Reihen recht schnell finden und die Arbeit ging gut voran. Das Reisig
wurde entweder komplett von der Fläche geräumt oder zwischen
die Pflanzreihen auf Wälle aufgeschichtet. Auf der zweiten Teilfläche
gestaltete sich es schwieriger, da die Reihen kaum zu sehen waren. Aber
auch diese Hürde wurde gut gemeistert.
In der zweiten Woche wurde
eine ähnliche Fläche von Reisig befreit. Dort wurden im Vorfeld
alte Fichten gefällt, da sie ihr natürliches Alter erreicht
hatten.
Das Reisig wurde komplett von der Fläche entfernt bzw. auf zwei
große Haufen geworfen, die dann angezündet worden sind. Somit
wurde dem schädlichen Borkenkäfer sehr viel Brutmaterial entzogen.
Die Fläche wurde zügig vom Reisig befreit. Am Nachmittag konnten
dann Pflanzreihen markiert werden. In diese Reihen wurden dann Douglasien
und Roteichen zur Aufforstung der Fläche gesetzt.
Am zweiten Arbeitstag ging es in beiden Wochen nach Windeck- Mauel.
In einem noch recht jungen
Rotbuchen-Bestand (Förster sagen nicht „Wald“) gab es zwei verschiedene
Aufgaben. In den Buchen waren reihenweise Douglasien eingemischt. Diese
Douglasien sind nicht in der Lage ihre Äste zu verlieren. Dies
ist ein großer Nachteil für die Holzqualität. Die Douglasien
sollten jetzt „geastet“ werden, dass heißt mit einer speziellen
Säge wurden per Hand alle Äste in Reichhöhe stammnah
abgeschnitten. Dabei durfte die Rinde nicht beschädigt werden,
da diese Stellen die Eintrittspforte für viele Krankheiten darstellt.
Mit einigen Ausnahmen wurde diese Aufgabe von den Jugendlichen hervorragend
gemeistert. Im Wechsel wurden dann Bäume gefällt. Nach eingehender
Unterweisung wurden mit der Bügelsäge Birken, trockene und
bedrängende Buchen gefällt. Birken sind die sogenannten „Wasserpumpen“
im Wald und entziehen sämtlichen Bäumen das Wasser. Da ihr
Holz leider nicht sehr hochwertig zu verkaufen ist, müssen die
Birken aus den Beständen entnommen werden. Begriffe wie Fallkerb,
Fällrichtung und natürlich der Ausruf „Achtung, Baum fällt“
sind nun keine bedeutungslosen Worte mehr für die Jugendlichen.
Am Ende der drei ereignisreichen
Tage wurde jedem Teilnehmer an seine Leistungen angepasst eine Praktikumsbescheinigung
ausgestellt. Der Klasse 8d wurde eine Urkunde für die engagierteste
Mitarbeit verliehen.
Rückblickend möchte ich sagen, dass mich die Motivation der
Jugendlichen sehr positiv überrascht hat. Mit großem Einsatz
ein Ziel verfolgen, in diesem Fall eine Arbeit zu Ende zu bringen ist
eine großartige Eigenschaft. Manchen Jugendlichen fehlte allerdings
die Einsicht, das man in einem Team arbeitet und jeder seinen Teil zum
Erfolg beiträgt.
Ich habe immer nur von den Jugendlichen gesprochen. Ich möchte
mich an dieser Stelle auch für die engagierte Mitarbeit der begleitenden
LehrerInnen bedanken.
Ich würde mich freuen, noch weitere Klassen des Leibniz-Montessori-Gymnasium
Düsseldorf in der Wald-Jugendherberge begrüßen zu dürfen.