Auf den nächsten Seiten wird die weiter unten noch erfolgende schriftliche Ausarbeitung einer Unterrichtsreihe über Logistische Wachstumsdynamik und Chaos in der Jahrgangsstufe 10 in knappster Form beschrieben; diese Unterrichtsreihe hat der Autor in Unterrichtsprojekten und teilweise im Pflichtunterricht mit gutem Erfolg erprobt. Die vorgelegten Materialien verstehen sich insbesondere als ein Beitrag zum fächerübergreifenden Unterricht. Die Kurzbeschreibung der einzelnen Abschnitte soll interessierten LehrerInnen - auch solchen, die mit der Thematik noch nicht so vertraut sind - möglichst detailliert Auskunft über die zu behandelden Unterrichtsinhalte geben; daraus erklärt sich die relativ umfangreiche Beschreibung.
Ein kurzer Abstract im Teil D.- informiert weiterhin englischsprachige Interessenten.
Die vollständige schriftliche
Ausarbeitung der Materialien umfaßt
74 DIN A-4 Seiten (WINWORD, MS-Office
98) und kann aus
Teil E.- heruntergeladen werden.
Autor:
Dr. Eckhard Reinartz
Städtisches Leibniz-Gymnasium / /Scharnhorststraße 8
40477 Düsseldorf
Tel. 0211/443542 (Schule)
FAX: 49 211 442207 (Schule)
E-Mail: e.reinartz@gmx.de
Inhaltsverzeichnis/Beschreibung
der Abschnitte
-Einführende Bemerkungen zum Thema Chaos
......Lineares Wachstum
......Exponentielles Wachstum
......Logistisches Wachstum
-Taschenrechnerexperimente/ Computerexperimente
......Zum logistischen Wachstum
......Zum Feigenbaumdiagramm
-Graphisches Iterieren mit Arbeitsblättern
......Das Verfahren
......Graphisches Iterieren
mit der logistischen Wachstumsparabel
......Graphisches Iterieren
für lineare Systeme
......Anziehende und abstoßende
Fixpunkte / Verhaltenskriterium für
-
Fehlerexpansion, Fehlerkompression und Sensitivität
-
Einbettung in fächerübergreifende Anwendungsfelder mit...speziellen,
kommentierten Literaturhinweisen
......die logistische Wachstumsdynamik
-
Vorschlag zur Stoffaufteilung für eine Unterrichtsreihe
...von
ca. 18/19 Unterrichtsstunden
Vorwort und Zielsetzung
Die vorliegenden Materialien wollen einige grundlegende
Aspekte in der Betrachtung dynamischer Systeme vermitteln, die zur
Zeit mit Macht in den Unterricht der allgemeinbildenden Schulen drängen
und die gleichermaßen für viele Wissenschaftsgebiete aber auch
für Ansätze im fächerübergreifenden Unterricht eine
erhebliche Bedeutung gewonnen haben.
Dynamische Systeme wie strömende Flüssigkeiten
und Turbulenzen, Konvektionsströme und Zirkulationssysteme der Atmosphäre,
Klimamodelle, oszillierende chemische Reaktionen, biologische Ökosysteme
oder neurologische Systeme(z.B. Rhythmik der Herztätigkeit) reagieren
mitunter - trotz deterministischer Modellbildung - auf kleinste Störungen
völlig regellos und unberechenbar, weil diese Störungen durch
nichtlineare Rückkopplungsmechanismen zu beherrschenden Faktoren des
dynamischen Systems werden können(Lvz (9): (11)). Aufgrund vieler
Einzelergebnisse und neuartiger Einsichten in den verschiedensten Wissenschaftsbereichen
und nicht zuletzt mittels der enormen Möglichkeiten moderner Hochleistungsrechner
konnte diese neue Betrachtungsweise seit etwa 1980
sicher Fuß fassen.
"Die Chaostheorie hat die Naturwissenschaften mit der
überraschenden Tatsache konfrontiert, daß viele Phänomene
trotz der Möglichkeit einer strengen und umfassenden deterministischen
Modellierung prinzipiell nicht langfristig prognostizierbar sind. Entgegen
unserer am mechanistischen Weltbild geschulten Intuition sind Systeme mit
dieser Eigenschaft in der Natur darüber hinaus sogar offenbar die
Regel und nicht die Ausnahme"
Im folgenden beschäftigen wir uns genauer mit Hilfe
möglichst einfacher und anschaulicher mathematischer Hilfsmittel mit
einigen wesentlichen Sachverhalten nichtlinearer Dynamik, aufgezeigt am
Beispiel der logistischen Wachstumsgleichung.
Das Unterrichtsmaterial ist für ca. 18 bis 19 Unterrichtsstunden im
normalen mathematischen Pflichtunterricht der J-Stufe 10 bzw. 11.1 (mit
deutlichem Schwerpunkt in der J-Stufe 10) konzipiert und setzt bei den
SchülerInnen keinerlei Vorkenntnisse in nichtlinearer Dynamik voraus.
Kürzungen von ca. 5/6 Unterrichtsstunden sind problemlos möglich.
Ein zwangloser Einstieg in das Thema bietet sich an vielen Stellen des
jeweiligen Jahrgangsstufenstoffes an, so u.a. bei Behandlung der Exponentialfunktion
in der J-Stufe 10 oder später bei der möglichen Erarbeitung von
Zahlenfolgen in der J-Stufe 11.1 (Lvz (3), (4)). Die mangelnden Vorkenntnisse
der SchülerInnen und die knapp bemessene Unterrichtszeit haben zur
Folge, daß die gewählten Beispiele, die Problemeinstiege und
die benutzten Fachbegriffe viel einfacher und intuitiver ausgewählt
und benutzt werden als dies in den meisten mir bekannten - oft auch für
die Sekundarstufe II konzipierten - Unterrichtseinheiten über das
vorliegende Thema üblich ist; mathematisch exakt gefaßte Begriffe
fehlen deshalb ebenso wie ausgefeilte Lehrsätze und Beweise. Die mathematische
Vorgehensweise hat mehr experimentellen und entdeckenden Charakter. Der
besondere Reiz des vorliegenden Themas liegt u.a. in den vielen fächerübergreifenden
Aspekten.
Die didaktisch-methodische Struktur
der Unterrichtseinheit kann grob so beschrieben werden:
Nach der einfachen Analyse verschiedener Wachstumsmodelle
werden mit Hilfe von Taschenrechnern und Computern
vielfältige numerische Experimente
zum logistischen Wachstum durchgeführt. Die zum Teil erstaunlichen
numerischen Ergebnisse werden anschließend mit Hilfe des Verfahrens
der Graphischen Iteration auf anschaulich-intuitive
Weise analysiert und interpretiert. Anschauliche Betrachtungen zur Fehlerexpansion
und Fehlerkompression sowie Betrachtungen
zu fächerübergreifenden, unterrichtsimmanenten
Anwendungsfeldern runden die Unterrichtsreihe
ab. Zum Schluß wird ein Vorschlag zur Aufteilung
der Einheit für 18/19 bzw. 13/14 Unterrichtsstunden gemacht.
Die Unterrichtseinheit basiert u.a. auf vielfältigen
positiven Erfahrungen des Autors mit dem Thema Chaos(Deterministisches
Chaos) im normalen Mathematikunterricht und in Projektwochen mit den
verschiedensten J-Stufen am Luisen-Gymnasium in Düsseldorf, einer
sog. Unesco-Projektschule (Themenschwerpunkt u.a.: Umwelt und globale Verantwortung);
(Lvz (7), (8), (9), (10), (11)). Leitlinie bei all diesen Unterrichtsveranstaltungen
(selbst in einem Leistungskurs) war immer, daß intuitives und entdeckendes
Begreifen und Lernen absoluten Vorrang vor allen mathematisch begrifflichen
Spitzfindigkeiten und Deduktionen haben muß.
Die vorliegenden Ausarbeitungen stützen sich zum
Teil auf Peitgen, Jürgens, Saupe
(5), (6), Reinartz (8), Lergenmüller (3), (4) des Lvz
und eine Unterrichtskonzeption für die J-Stufe 10, die der
Autor im Verlauf des Jahres 1995/96 im Rahmen seiner Mitarbeit für
das Projekt MEDOS (Modellbildung/Exploration/Dynamik/Chaos
und Simulation) des Landesinstituts für Schule und Weiterbildung des
Landes Nordrhein-Westfalen in Soest erarbeitet hat. Eine genauere
Beschreibung dieser Unterrichtskonzeption findet der interessierte Leser
in Reinartz (11) des Lvz. Auf der Basis dieser Unterrichtskonzeption
wurde vom Autor im Juni 1996 im Rahmen der Projektwoche ‘96 des Leibniz-Gymnasiums
in Düsseldorf ein Projekt über grundlegende Aspekte der
Chaostheorie erfolgreich durchgeführt.
Der enge Zeitrahmen im mathematischen Pflichtunterricht
erlaubt zwar den Einsatz von Computern und programmierbaren Taschenrechnern,
i.a.aber nicht die selbständige Erstellung von ablauffähigen
Computerprogrammen durch die SchülerInnen zur Untersuchung der vielfältigen
Aspekte des Themas Chaos. Die vorliegende Unterrichtskonzeption schließt
aber Aktivitäten in diese Richtung selbstverständlich nicht aus.
Aus den genannten Gründen werden deshalb für das Experimentieren
am Computer ganz bewußt nur fertige Modellbildungssysteme und Computersoftware
eingesetzt(Sw (1), (2), (3)).
Aus mathematischer Sicht ist die Iteration
die Leitlinie für das vorliegende Unterrichtskonzept. Iteration
paßt zum Computer, denn niemand kann besser iterieren als er. Der
Begriff der Iteration wird bei der graphischen als
auch bei der numerischen Iteration rein intuitiv erklärt und verwendet.
Dabei soll die numerische und Graphische Iteration
zunächst durch systematisches Probieren "per Hand" ausgeführt
und ausgewertet werden("entdeckendes Lernen"). Die numerische Simulation
am Computer soll dabei "Merkwürdigkeiten" zu Tage fördern, die
erst durch die anschließende Analyse der Graphischen Iteration
zufriedenstellend interpretiert und erklärt werden können. Dabei
soll von den drei wesentlichen Charakteristika des
Chaos, nämlich Mischen,
Periodizität und
Sensitivität, vor
allem die Sensitivität den SchülerInnen
ansatzweise vermittelt werden. Wichtig im Unterricht bezüglich der
Sensitivität ist die Analyse und klare Abgrenzung zwischen
linearer und nichtlinearer
Dynamik.
Ein weiteres wesentliches Ziel der vorgestellten Unterrichtseinheit
ist, daß mit einfachsten mathematischen Hilfsmitteln wesentliche
Sachverhalte nichtlinearer Dynamik und ihre Konsequenzen
für ein angemessenes Verhalten im Umgang mit der Natur und Umwelt
einsichtig gemacht werden. Wenn auch z.B. ein sehr vereinfachtes
mathematisches Klimamodell in den Jahrgangsstufen 10 oder 11 noch nicht
besprochen werden kann, so leidet darunter aber keineswegs die Einsicht
in den gesamten Problemkreis, weil die zu behandelnde logistische
Wachstumsgleichung bekanntlich die wesentlichen Strukturen
von Chaos generiert. Der angemessene Transfer der
Strukturen und Ergebnisse des logistischen Wachstumsprozesses auf andere
nichtlineare Dynamiken und die Diskussion über
die sich daraus ergebenden Konsequenzen für unser eigenes Verhalten
(Beispiel Klimaproblematik und Klimamodelle) sollte gerade auch im Hinblick
auf die Forderung nach fächerübergreifendem Unterricht den SchülerInnen
unbedingt zugemutet werden. Bezüglich der oben erwähnten Sensitivität
sollte insbesondere deutlich werden, daß viele der real existierenden
Öko -und Klimasysteme etc. äußerst empfindlich auf menschliche
Eingriffe reagieren können, unter Umständen mit katastrophalen
Folgen. Diese Aspekte können zum Schluß der Unterrichtsreihe
vertieft oder in deren Verlauf unterrichtsimmanent behandelt werden.
Die Auseinandersetzung mit der Nichtlinearität
in unserer Welt bedeutet eine Erziehung zum dringend notwendigen vernetzten,
nichtlinearen Denken und insbesondere eine Erziehung zur globalen Verantwortung(Lvz
(9), (10), (11), (12)). Schon deshalb verstehen sich die Materialien
auch als ein praktischer Beitrag zum anwendungsorientierten und fächerübergreifenden
bzw. projektorientierten Unterricht.
Einführende Bemerkungen
zum Thema Chaos
Neben einem kurzen historischen Abriß werden die
wesentlichen Erkenntnisse und Folgerungen aus der Chaostheorie in allgemeiner
Form dargestellt. Kurz diskutiert werden auch die für uns notwendigen
Konsequenzen im Umgang mit Natur und Umwelt, die sich aus der Chaostheorie
ergeben.
Wachstumsmodelle (Lineares Wachstum
/ Exponentielles
Wachstum / Logistisches Wachstum)
Ausgehend von einem einfachen Zinsbeispiel wird das diskrete
lineare Wachstum als Wachstum mit konstantem Zuwachs auf
eine lineare
Iterationsformel
zurückgeführt.:
Schon hier - aber auch später bei der logistischen
Gleichung - wird eine begriffliche Klärung und Trennung von linearer
und nichtlinearer Dynamik vorgenommen. Das gleiche
Zinsbeispiel dient nun als Ausgangspunkt für die Einführung des
Zinseszinses und damit des exponentiellen Wachstums,
eines Wachstums mit bestandsproportionalem
Zuwachs. Auch das diskrete exponentielle
Wachstum wird auf eine lineare Iterationsformel
zurückgeführt:
Das "explodierende" Wachstum macht langfristig eine Beschränkung
erforderlich. Aber wie sollte diese Beschränkung aussehen? Diskutiert
werden einige Möglichkeiten, so z.B. das Modell
von Lottka-Volterra(Lvz (3)). Eine sinnvolle
Möglichkeit, exponentielles Wachstum zu besckränken, ist nun
u.a. das Modell des logistischen Wachstums
von P.F. Verhulst (1845), bei dem die Wachstumsrate
von der momentanen Populationsgröße
abhängig ist. Die Herleitung des
logistischen Wachstums aus dem Modell des exponentiellen Wachstums führt
im zeitdiskreten Fall auf eine nichtlineare
Iterationsformel; diese Nichtlinearität
wird sich noch als bedeutsam herausstellen. Aus Gründen der Vergleichbarkeit
verschiedener Populationen und der mathematischen Vereinfachung wird die
sog. Standardform der logistischen Gleichung
benutzt:
Erste Vermutungen über den graphischen Verlauf einer
logistischen Zeitreihe führen auf eine sog. S-Kurve(Sättigungskurve).
Taschenrechnerexperimente / Computerexperimente
(Zum logistischen Wachstum / Zum Feigenbaum-Diagramm)
Nach Anfertigung eines einfachen Programms für die
logistische Wachstumsgleichung lassen sich mit beliebigen
programmierbaren Taschenrechnern schon recht interessante und aufschlußreiche
numerische Experimente durchführen. Untersucht wird die Gleichung
xn+1 = r xn (1-xn) ;
n = 0; 1: 2: .... mit o Ð x0 Ð
1 und 0 Ð r Ð
4 .
Der Taschenrechner offenbart bei genauerer numerischer
Untersuchung das bekannte Feigenbaum-Szenario;
Graphik-Taschenrechner produzieren entsprechend ein Feigenbaumdiagramm
(ein Feigenbaumdiagramm in Gegenüberstellung von entsprechender Zeitreihe
und graphischer Iteration erfolgt im fortlaufenden Text weiter unten).
Vier interessante - und für
SchülerInnen verblüffende - Experimente:
Für 3,56999 Ð
r Ð 4 (chaotischer Bereich) wird mit zwei
nur geringfügig sich unterscheidenden Startwerten x0 gestartet
("Schmetterlingseffekt").
Zwei Taschenrechner verschiedener
Fabrikation rechnen für
Ein Taschenrechner rechnet
für 3,56999 Ð r Ð
4 mit ein und demselben Startwert x0 die Iterationswerte einmal
mit xn+1 = r xn (1 - xn ) und dann mit
xn+1 = r xn - r xn 2 aus; langfristig
führt auch dies zu völlig verschiedenen Iterationswerten. Was
ist hier der wahre Orbit?
Die erstaunlichen Ergebnisse in allen drei Experimenten
sind direkte Folgen der Sensitivität im chaotischen
Parameterbereich für r. Wegen der begrenzten Stellenzahl "macht Chaos
jeden Computer nieder".
Für 3,8284 £
r £ 3,8425 werden periodische
Fenster ("Inseln der Ordnung") gesucht.
Im Anschluß an diese Taschenrechnerexperimente werden
Computer eingesetzt, um mit Hilfe des Modellbildungssystems
MBS-LLC(Lvz (12), Sw (1))
Zeitreihen für die logistische
Wachstumsgleichung in einem Koordinatensystem zu erzeugen und die Graphik
zu analysieren. MBS-LLC ist ein gleichungsorientiertes Modellbildungssystem
mit dessen Hilfe einfache, aber auch komplexere Modelle Dynamischer
Systeme auf dem Computer implementiert werden können;
das Modell für logistisches Wachstum liegt schon
fertig implementiert vor. MBS-LLC ist bei fertig implementierten Modellen
auch von SchülerInnen ohne Eingewöhnungszeit sehr einfach zu
bedienen und auf MS-DOS-Rechnern lauffähig. Selbstverständlich
lassen sich an dieser Stelle alternativ auch graphikorientierte Systeme
wie z.B. MODUS(unter MS-DOS) oder DYNAMSYS(unter
WINDOWS) einsetzen. Möglich wäre aber auch der Einsatz
einer Tabellenkalkulation oder eines Computeralgebrasystems
wie z.B. DERIVE (vgl. Lergenmüller Lvz
(4)).
Mit Hilfe von MBS-LLC wird der gesamte Bereich für
0 Ð r Ð 4
numerisch systematisch untersucht und die gewonnenen Zeitreihen
analysiert und interpretiert. Dabei ergeben sich intuitiv fast zwangsläufig
die Begriffe Fixpunktattraktor, periodischer
Grenzzyklusattraktor, chaotischer(seltsamer) Attraktor, Feigenbaumbifurkation
und periodisches Fenster. Die
erhaltenen Ergebnisse erlauben die Bestimmung der Feigenbaumkonstanten
d .
Weiterhin werden mit Hilfe des WINDOWS-Programms
FIGWIN(Sw (2)) Feigenbaumdiagramme
erstellt und analysiert. Die Anwendung einer Zoomfunktion ermöglicht
die ziemlich genaue numerische Bestimmung der Feigenbaumkonstanten
und belegt die fraktale Struktur der "Feigenbäume". Entsprechend kann
auch das Programm FRACTINT verwendet werden(Sw (3)).
Es erhebt sich die Frage, was der tiefere Grund für
das zum Teil erstaunliche Verhalten der Zeitreihen,
das sich natürlich auch in der Struktur des Feigenbaumdiagramms
widerspiegelt, ist. Die Beantwortung dieser Frage wird in den folgenden
Abschnitten mit Hilfe des Verfahrens der Graphischen
Iteration angegangen.
Graphisches Iterieren mit Arbeitsblättern(Das
Verfahren / Graphisches Iterieren mit der logistischen Wachstumsparabel
/ Graphisches Iterieren für lineare Systeme / Anziehende und abstoßende
Fixpunkte / Verhaltenskriterium für die logistische Wachstumsdynamik
Nach Einführung des Graphischen Iterationsverfahrens
für die logistische Wachstumsparabel wird mit
Hilfe von Arbeitsblättern(Lvz (6)) die Graphische
Iteration für verschiedene logistische Parabelversionen
mit variierenden Startwerten und unterschiedlichen Fragestellungen von
den SchülerInnen per Hand vorgenommen und die Ergebnisse anschließend
analysiert und mit den Ergebnissen der Zeitreihenanalyse mittels MBS-LLC
verglichen. Dabei ergibt sich, daß bei Veränderung von kleinem
r (flache Parabel) zu großem r (steile Parabel) die Art der Iterationsspiralen
sich entsprechend den jeweiligen Ergebnissen der Zeitreihenanalyse verändert
und zwar vom Fixpunktattraktor über den Grenzzyklusattraktor
zum chaotischen Attraktor. Der Begriff des abstoßenden
Fixpunktes (Repeller) ergibt sich jetzt sofort anschaulich
aus der Art des Iterationspfades. Auch das graphische Iterationsverfahren
offenbart mit Hilfe von Arbeitsblättern für r=4 die Sensitivität
im chaotischen Bereich. Selbst bei immer gleich gewählten Anfangswerten
x0 und gleichbleibender Wiederholung des Verfahrens erhalten
die meisten SchülerInnen jetzt in der Regel völlig verschiedene
Iterationspfade. Da sich aber solche Iterationspfade nicht beliebig weit
voneinander entfernen können, kommen sie sich nach einer gewissen
Anzahl von Iterationsschritten auch wieder beliebig nahe, so daß
die Iterationspfade schließlich das Definitionsintervall der Parabel
und damit auch die Fläche unterhalb der Parabel dicht mit einem Spinngewebe
ausfüllen(Mischen).
Es wird allergrößter Wert darauf gelegt, daß
die Graphische Iteration per
Hand mit Hilfe von Arbeitsblättern durchgeführt wird,
um den SchülerInnen ein tieferes Verständnis über das Iterationsverfahren
zu ermöglichen. Es wird also bewußt darauf verzichtet, zur Anwendung
des graphischen Iterationsverfahrens fertige Computerprogramme einzusetzen,
obwohl diese in ausreichender Qualität existieren.
Eine Gegenüberstellung von Zeitreihen, Feigenbaumdiagrammen
und Iterationspfaden für jeweils festes r vertieft abschließend
die Erkenntnis über die Zusammenhänge:
Offensichtlich ist jetzt, daß das logistische Wachstumsverhalten
von der Steilheit der Parabel, die sich über den Parameter r steuern
läßt, abhängig ist. Nötig ist nun ein genaueres Kriterium
in Verbindung mit der Steilheit der Parabel und einer Überlegung,
warum die Nichtlinearität der logistischen Wachstumsgleichung eine
so große Rolle spielt. Dies leistet die Analyse der Graphischen
Iteration bei linearen Systemen (lineare
Dynamik).
Mit Hilfe von Arbeitsblättern wird die graphische
Iteration per Hand u.a. für die Geraden f(x) = 2 x; f(x) = - 0.5 x;
f(x) = - 2 x; f(x) = 0.5 x durchgeführt. Die SchülerInnen kommen
leicht selbst zu folgenden Erkenntnissen:
"Bei linearen Systemen ist die
Dynamik des Systems vom Steigungsverhalten der Geraden und damit vom Steigungsfaktor
m abhängig. Die Steigung m der verwendeten Geraden bestimmt den Charakter
des Iterationspfades und man kann dabei vier Fälle unterscheiden,
nämlich":
Und Weiterhin:
"In linearen dynamischen Systemen
ist das Auftreten von Chaos nicht möglich, aber: Nicht in jedem nichtlinearen
System steckt Chaos".
Überträgt man die Erkenntnisse aus der linearen
Dynamik lokal auf die logistische Parabel(genauer auf die Tangente, die
durch den theoretischen Fixpunkt verläuft), so erhält man für
die Parabel lokal bezüglich der anziehenden und
abstoßenden Fixpunkte ähnliche Kriterien
wie für eine Gerade:
Methodischer Hinweis:
Die Benutzung des Tangenten
-und Ableitungsbegriffs ist natürlich
in der Jahrgangsstufe 10 und eventuell auch in der Stufe 11.1 noch nicht
möglich. Entweder verwendet man stattdessen eine intuitiv-anschauliche
Erklärung oder man führt eine geometrische Betrachtungsweise
ein, wie sie Hofstadter in (2), S. 383
des Lvz vorschlägt.
Fehlerexpansion, Fehlerkompression
und Sensitivität
Ein wichtiger Aspekt ist der Effekt, den die Iteration
auf kleinste Fehlerintervalle hat; diese kleinsten Fehlerintervalle dienen
als Modell für Eingabefehler. Diesen Effekt kann man schon vorher
mit Hilfe der Arbeitsblätter für die Graphische Iteration bei
linearen Systemen und bei der logistischen Parabel leicht erkunden. Diesen
Effekt erfaßt man aber intuitiv auch sofort bei der bloßen
Betrachtung und Untersuchung von Graphiken zur Fehlerexpansion -und Kompression:
Numerisch kleine Fehler blähen sich auf, wenn
Intervalle unter Iteration expandieren (Fehlerexpansion);
sie werden noch kleiner und ziehen sich auf Null zusammen, wenn sich die
Intervalle zusammenziehen (Fehlerkompression).
Fehlerexpansion findet statt, wenn die Parabel steil
ist( ç m ç
> 1); Fehlerkompression findet statt, wenn die
Parabel flach ist( 0 £ ç
m ç < 1
).
Veranschaulichung der Sensitivität durch Graphische
Iteration: Intervallkompression(oben) und Intervallexpansion(unten)
Sensitivität
im chaotischen Bereich bedeutet für die logistische Parabel, daß
dicht zusammenliegende Anfangswerte total verschiedene Iterationsfolgen
erzeugen. Dadurch blähen sich auch kleinste Fehlerintervalle gewaltig
auf; diese können aber nicht beliebig wachsen und werden deshalb wieder
auf sich "zurückgefaltet". Fehlerexpansion und Fehlerkompression wechseln
einander ab; eine Folge davon ist das ziellose Verhalten des Orbits auf
dem ganzen Definitionsintervall, wobei im Falle der Graphischen Iteration
die Iterationspfade ein Spinngewebe bilden (Mischen).
(Lvz (7), S. 1).
.
3,56999Ð rÐ
4 mit exakt gleichen Startwerten x0 und führen langfristig
auf völlig verschiedene Iterationswerte. Was
ist der wahre Orbit?
zum Inhaltsverzeichnis
zum zweiten Teil von C. Kurzbeschreibung der Inhalte und Materialien
einer Unterrichtsreihe für die Jahrgangsstufe 10